Musikschule soll moderner werden
Seit 1. März ist Holger Müller der neue Leiter der Musikschule. Einige Projekte hat er schon auf den Weg gebracht, an manchen feilt er noch. Grundsätzlich geht er einen Weg der kleinen Schritte und orientiert sich am Kunden. Lesen Sie den Bericht von Helga Bittner aus der NGZ vom 30.8.2017
"Held der Arbeit" steht auf dem roten Becher, der jedoch mehr der Zierde zu dienen scheint als dem Kaffeetrinker. "Stimmt", sagt Holger Müller lachend, "ich trinke Kaffee aus einer Tasse, aber den Becher hat meine Tochter mir geschenkt." Zum Um- und Einzug in dieses Büro, das bis Ende vergangenen Jahres noch offiziell von Reinhard Knoll genutzt wurde. Holger Müller ist sein Nachfolger an der Spitze der Musikschule im Romaneum, hat vor rund zehn Jahren einst als Honorarkraft unter Knoll angefangen und wurde 2010 zum Fachleiter für das Programm "Jedem Kind seine Stimme (JeKi-Sti) ernannt.
Das bleibt er auch als neuer Chef. "Es ist mir so ans Herz gewachsen", sagt er, "deswegen möchte ich als Projektleiter weitermachen." Mit einer Referentin an der Seite, ergänzt er, denn auch für die Öffentlichkeitsarbeit fühlt er sich verantwortlich, greift selbst zum Handy, um Fotos von Veranstaltungen zu machen, die er dann samt Text ins Netz stellt.
Schon mit dieser Arbeit wird sichtbar, dass Müller nach und nach neue Strukturen einzieht, neue Ideen liefern will. Natürlich auch unter dem Aspekt des Sparens. "Die Musikschule ist sehr gut aufgestellt", sagt er, "deswegen gilt einerseits ein ,weiter so', aber andererseits will ich auch Akzente setzen." Und die orientiert er an den gesellschaftlichen Entwicklungen. Interkultur sei ein wichtiges Thema, sagt er und erzählt von dem Plan, ein Musikprojekt für Flüchtlinge zum Thema "Musik als Hilfe zum Spracherwerb" oder interkulturelle Chorarbeit für alle Menschen mit Migrationshintergrund anzustoßen. Inklusion gehört für ihn sowieso dazu: "Schon jetzt haben wir ein tolles Angebot", meint er, aber er weiß auch, dass da noch was getan werden muss - etwa Fortbildungen der Dozenten zu dem Thema.
Das Budget gibt ihm nur begrenzte Möglichkeiten, aber Müller setzt auf Synergien mit Partnern in der Region, besonders im Rhein-Kreis. "Auf dem kleinen Dienstweg", so nennt er die Kontaktpflege, könne man sehr schnell Einigkeit über gemeinsame Projekte wie eben Fortbildungen erzielen. Überhaupt geht der 49-Jährige lieber den Weg der kleinen Schritte. Die Vernetzung mit anderen Kulturinstitutionen ist ihm wichtig - und so war er schon auf Vorstellungstournee durch die Neusser Häuser -, und die stärkere Nutzung des "wunderbaren Konzertsaals" im Romaneum.
"Wir sind keine Veranstalter", betont er zwar, "aber wir freuen uns über jeden, der bei uns anklopft." So wird die Musikschule ein Bewirtungskonzept entwickeln, einen Pool mit Hilfskräften aus der Schülerschaft aufbauen: "Manchmal sind es nur die Details, die wichtig sind." Ein Musikschulausweis im Scheckkartenformat, der demnächst zusammen mit der Rechnung zugeschickt wird (und zu günstigen Karten etwa der Zeughauskonzerte berechtigt), die verbesserte Online-Anmeldung für den Unterricht gehören in seinen Augen auch dazu.
Und die großen Aufgaben? Der Unterricht, der Umgang mit Wartelisten? Müller ist viel zu sehr Realist, um nicht zu wissen: "Wartelisten lassen sich nicht vermeiden." Dass die Musikschule sich vergrößert, stehe gar nicht zur Diskussion, aber die Kooperationen mit Kindertagesstätten will er stärken, sieht in der Elementaren Musikerziehung ein wichtiges Instrument für die Zukunft von Musikschule und Mensch. Und auch die Erwachsenen nimmt er nach dem Motto "lebenslanges Lernen" in den Fokus, will ihnen mit einer Zehnerkarte flexible Möglichkeiten vormittags oder abends anbieten und sieht darin auch eine Chance für seine Dozenten und die Nutzung der Räume im Romaneum.
Dass er an den Neusser Musicalwochen im Globe in Kooperation mit der Alten Post festhält, zeigt sich an dem aktuellen Projekt "Spring Awakening", das am 9. September Premiere hat. Ebenso steht für den Vater von drei Kindern (12, 19 und 21 Jahre alt) außer Frage, dass die Hochbegabtenförderung mit einer weiteren Stärkung des Exzellenzprogrammes ein wichtiger programmatischer Eckpunkt ist: "Da laufen Gespräche mit unserem Förderverein", sagt er, "ich glaube, dass eine zeitgemäße Musikschule den Spagat zwischen Breitenförderung und Hochbegabtenförderung in allen Bereichen professionell umsetzen muss."