Jazzchor Roundabout: Jahreskonzert in Neuss
Lesen Sie den Bericht von Hansgeorg Marzinkowski aus der NGZ vom 4. Februar 2019
Chor-Sänger überwinden Diebstahl-Schock
„Roundabout“, der Jazz- und Popchor der Musikschule Neuss, hatte vor seinem Jahreskonzert 2019 am Samstagabend Aufregendes zu bewältigen. Während des Einsingens im Pauline-Sels-Saal des Romaeum brachen Unbekannte in die Garderobe der über 50 Sänger ein und stahlen vor allem Geldbörsen. Die Polizei bestätigt den Vorfall auf Nachfrage. Die Jazzsängerin und Komponistin Anne Hartkamp, von Beginn an Leiterin des Chores (seit 1998), muss Großartiges an Zuspruch geleistet haben, denn dem Chor war bei seinem Auftritt der Schock nicht anzumerken.
Mit Leichtigkeit und beschwingt in farbenprächtigen Blusen und Hemden – Rot und Grün dominierten – sang der Chor in vielstimmigem Sound den Jazzstandard „Birdland“ (1977). „Das erfolgreichste Stück, das ich je geschrieben habe, zugleich das schwierigste“, sagt der Komponist Joe Zawinul.
Davon war in der Version mit den Vokalisen von Jon Hendricks beim Chor nichts zu spüren. Rein und textsicher war der Chor in ständiger Bewegung (Choreographie: Sabine Scheerer), mit heiterer Mimik und ausgeprägter Gestik. Das kann nur ein Chor leisten, der alle Titel auswendig singt. Die zwölf Tenöre und Bässe können zwar Verstärkung vertragen, intonierten aber den Jahrhundert-Song „Sittin’ On The Dock of the Bay“ rein und vernehmlich. Sie durften bei diesem melancholischen Memphis-Soul, den der Sänger Otis Redding und der Gitarrist Steve Cropper 1967 gemeinsam schrieben, natürlich sitzen.
Einige Songs wie „Fascinating Rhythm“ von George Gershwin (1924) begleitete Ralph Rotzoll sicher am Flügel, gleichermaßen attraktiv waren aber auch die A-Cappella-Songs, vor allem dann, wenn Anne Hartkamp sie für „ihren“ Chor arrangiert hat. So wurde der Worldbeat „Homeless“, den Paul Simon 1986 zusammen mit der südafrikanischen Vokalgruppe „Ladysmith Black Mambazo“ entwarf, zum umjubelten Hit. Perfekt auch hier die Aussprache zwischen Englisch und Zulu: „Webaba Silale Maweni“. Köstlich der Soulklassiker „Papa was a Rollin’ Stone“ der Temptations (1972) mit dem deutschen Text von Stefan Gwildis „Papa will da nicht mehr wohn’“. Gleich fünf Solisten-Ensembles des Chores lockerten das Programm hochkarätig auf, (k)eines besser als das andere. Vielleicht herausragend das „Unchain my Heart“ von Bobby Sharp in der Version von Ray Charles (1961). Für „VogicalPlus“ hatte Beate Thiele-Hecker (auch E-Gitarre) originell arrangiert. Ganz sicher dürfte die Fangemeinde bei beiden ausverkauften Konzerten am Samstag und Sonntag (je 200 Zuhörer) weiter gewachsen sein. Da mag man bedauern, dass „Roundabout“, dieser wunderbare energiegeladene Chor, nur ein Jahreskonzert gibt.