September-Musical Hairspray: Kleiner Mann ganz groß
September-Musical Hairspray: Kleiner Mann ganz groß

September-Musical Hairspray: Kleiner Mann ganz groß

Nico Ramon Kleemann spielt im Musical „Hairspray“ mit und vor der Fernsehkamera. Und nebenbei Schule? Klappt auch sehr gut. Der Schauspieler hat unter anderem im Jugendclub vom Theater am Schlachthof angefangen. Lesen Sie das Feature von Lars Wallerang und Helga Bittner aus der NGZ vom 25. Mai 2020

Berlin um 1930: Ein kleiner Junge, Hans, steht bei Erich Kästner auf der Matte. Er hatte dessen „Emil und die Detektive“ geradezu verschlungen und will den Autor unbedingt kennenlernen. Dann das Wunder: In der geplanten „Emil“-Verfilmung von 1931 darf er die Rolle des „kleinen Dienstag“ übernehmen. So beginnt der Fernsehfilm „Kästner und der kleine Dienstag“. Der junge Schauspieler Nico Ramon Kleemann spielte darin den vaterlosen Jungen an der Seite des Kästner-Darstellers Florian David Fitz.

Bei Kleemann vermischen sich häufig Spiel und die reale Leidenschaft für Literatur und andere Künste. Der heute 18-Jährige schreibt selbst Texte, spielt klassische Gitarre, hat gerade noch mit Klavier angefangen. Schon mit sieben Jahren nahm er an Workshops des Jungen Schauspielhauses in Düsseldorf teil, dem er noch heute eng verbunden ist – ebenso wie dem Neusser Theater am Schlachthof (TaS). Der dortige Jugendclub wird wie der in Düsseldorf von Sven Post geleitet, er war es auch, der aus William Goldings Buch „Herr der Fliegen“ 2015 eine eigene Fassung destillierte, die im TaS mit Nico Kleemann Premiere hatte.

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Der kennt den Schauspieler schon, seit dieser mit zehn/elf Jahren zu ihm in den Jugendclub kam. „Inzwischen steht er mehr vor der Kamera als ich jemals schaffen werde“, kommentiert er lachend und ohne jede Spur von Neid in der Stimme die Aktivitäten des 18-Jährigen. Ohnehin sei Kleemann immer noch in seinen Jugendclubs – sowohl in Düsseldorf wie auch im Theater am Schlachthof. Außerdem spielt der 18-Jährige in dem Musical „Hairspray“ mit, das Regisseur Post gerade für die Neusser Musicalwochen der Alten Post und der Musikschule im September im Globe probt. Kleemann hat darin die Rolle des Corny Collins, der eine TV-Show moderiert, übernommen. Wobei die Rolle sicherheitshalber doppelt besetzt – wie zwei weitere der Produktion. sagt Post. Das gibt dem Regisseur auch Sicherheit, falls die geplanten Aufführungen wegen der Corina-Krise doch verschoben werden müssten.

Das TaS begleitet Kleemann schon seit so vielen Jahren, dass er sich im Moment auch Sorgen um die freie Bühne an der Blücherstraße macht: „Die finanzieren sich selbst, und es wäre schade, wenn die nicht wieder aufmachen können.“
Die große Leidenschaft für die Schauspielerei kam im Urlaub. „Mit sieben Jahren war ich mit meinen Eltern in Cannes, als gerade die Filmfestspiele stattfanden“, erzählt Nico Kleemann. Einem Star sei er nicht begegnet, aber überall hingen Filmplakate. Die illustre Festival-Stimmung wirkte wie eine Initialzündung. „Ich habe meine Mutter mit meinem Wunsch, Schauspieler zu werden, so lange genervt, bis sie sich mit mir in Künstleragenturen umgeschaut hat“, erzählt der einstige Kinderdarsteller.

Die Umstellung von der Bühne aufs Spielen vor der Kamera fiel nicht schwer: „Ich war noch sehr jung und habe erst mal keinen großen Unterschied gemerkt“, sagt Kleemann. „Heute finde ich, dass man vor der Kamera mehr kleine Details einbringen kann auf sehr spielerische Weise – zum Beispiel bei der Mimik oder Bewegung der Hände.“ Doch die Bühne spiele weiterhin eine große Rolle: „Im Theater erarbeitet man sehr viel; ich fühle mich da wohl, weil ich das schon lange mache.“
 
Gewöhnt ist der junge Erwachsene auch daran, Schule und Schauspielerei unter einen Hut zu bringen. Gleichwohl er nicht alles auf eine Karte. Der Schauspieler-Beruf sei gar nicht das Hauptziel – zu riskant. „Das wäre ein Spiel mit dem Glück, und ich möchte mir nicht die Sorgen machen müssen.“ Auf auf ein Psychologie-Studium hätte Kleemann große Lust. Es passe auch zur Schauspielerei mit der Frage: „Was geht im Menschen vor?“ Wichtig bleibe auch das Thema Musik. „Beim Musikmachen ist es wie beim Schauspielern: Man spielt teilweise sich selbst.“