Digitalisierung und smarte Stadtentwicklung
Smart sei eine Stadt dann, wenn in unterschiedlichsten Bereichen wie der Infrastruktur, auf Gebäudeebene sowie der Mobilität und Dienstleistungen innovative Technologien und intelligente Lösungen zur Anwendung kämen, führte Dr. Jens Libbe, vom Deutschen Institut für Urbanistik in seinen Vortrag ein. Dabei gäbe es unterschiedliche Leitvorstellungen und Ziele, weshalb Städte digitaler werden möchten: von der Steigerung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit über den effizienteren Umgang mit Energie und Ressourcen im Gebäudesektor bis zur Verbesserung von Steuerungs- und Koordinationsprozessen in der Verwaltung und den Bürger*innendienstleistungen. Bei der digitalen Transformation der Städte seien folgende zentrale Themenfelder zu beachten:
- Ziele, Strategien und Strukturen
- Transparenz, Teilhabe und Mitgestaltung
- Infrastrukturen, Daten und Dienstleistungen
- Ressourcen, Kompetenzen und Kooperationen
Wie dies konkret umgesetzt werden könne, zeigte Libbe anhand von Beispielen aus den Bereichen Mobilität, Energie, Gesundheit und Datenarchitektur. Wichtig bei der Nutzung datenbasierter Technik im kommunalen Rahmen sei vor allem die Ausrichtung der Technologie auf die Bedürfnisse der Bürger*innen, was dann gut gelänge, wenn Datenstrategien mit Stadtentwicklungskonzepten gekoppelt würden. Zudem müsse in der Kommune und der Bürger*innenschaft ein robustes Datenverständnis und eine gute Datenkompetenz vorhanden sein. Nur so erführen auch die Schritte der Speicherung, des Austausches und der finalen Verwendung der Daten durch die öffentliche Hand eine breite gesellschaftliche Akzeptanz. Daher sei die Aufstellung eines klaren und transparenten Regelwerkes für den Einsatz digitaler Technologie in der Stadtentwicklung von zentraler Bedeutung.
Welche Faktoren zu einer erfolgreichen Umsetzung des Leitbildes der Smart-City führten, fasste Dr. Jens Libbe am Ende seines Vortrages zusammen: Digitalisierung sei als Bestandteil einer integrierten Stadtentwicklung zu begreifen und durch eine entsprechende Stabsstelle zu begleiten. In allen Fachbereichen und besonders im Bereich der Bildung gelte es digitale Kompetenzen aufund auszubauen. Insgesamt sei eine breite Beteiligung der Bürger*innen und Unternehmen am Digitalisierungsprozess wichtig, wobei die Möglichkeiten und Vorteile der Digitalisierungsprozesse mittels Zukunftslaboren aufgezeigt werden solle. Schließlich gelte es, die einzelnen Projekte durch eine fortlaufende Evaluation zu begleiten.
Wo steht Neuss derzeit auf dem Weg zur „Smart City“?
Allgemeiner Konsens unter den Workshopteilnehmenden herrschte darüber, dass Neuss auf einem guten Weg zu einer Smart City sei. Viele gute Ansätze und Bausteine hin zu mehr Digitalisierung seien heute schon vorhanden und die Stadt sei durchaus mit Smart City-Modellkommunen vergleichbar.
Das im Jahr 2020 gegründete „Kommunale Datenlabor Neuss 2040“ gilt, neben der „Zukunftsmission Digitale Agenda“, hierbei als ein Vorzeigeprojekt. Die intelligente Verknüpfung zahlreicher vorhandener Daten im Datenlabor liefere wichtige Erkenntnisse und Prognosen für die Zukunft der Stadt Neuss. Die allgemeine Bereitschaft der Akteur*innen für einen Wandel werde zudem durch Veranstaltungen wie den Zukunftskongress deutlich.
Was muss getan werden, um Neuss noch „smarter“ zu machen und den Weg zur „Smart City“ voranzubringen?
Bei der Diskussion durch die Teilnehmenden wurde hervorgehoben, dass nicht das Erarbeiten von smarten Ideen, sondern die Implementierung dieser Ideen in den Alltag schwierig sei. Risiken sowie finanzielle Mehrbelastungen stünden einer breiten Nutzung digitaler Technologien teils im Weg. Als weiteres Problem wurden komplexe bürokratische sowie rechtliche Hürden genannt, welche Planungs- und Implementierungsprozesse verkomplizierten. Dementsprechend müsse vor allem an der Prozessoptimierung smarter Ideen gearbeitet werden, um deren Einsatz in allen Bereichen der Verwaltung weiter voranzubringen.
In Bezug auf das Handlungsfeld Daten und Datenarchitektur gab es verschiedene Standpunkte. Auf der einen Seite sei ein uneingeschränkter Zugriff auf städtische Daten sinnvoll, jedoch müsse dabei die Sicherheit z. B. kritischer Infrastrukturen sowie dem Missbrauch Einhalt geboten werden können.
Die zukünftige Rolle der Stadt könne daraus bestehen, als „Datendrehscheibe“ zu agieren, welche lokal ansässigen Unternehmen eine hohe Bandbreite an Informationen bereitstelle. Eine Verbesserung und ein Ausbau der teils schon vorhandenen Datenbanken könnten die Arbeit lokaler Start-Ups unterstützen und somit auch einen Standortvorteil für die Stadt Neuss darstellen. Kritisch gesehen wurde hierbei vor allem die potenzielle Nutzung dieser Daten durch internationale Großkonzerne. Um darauf zu reagieren, könne man die Daten kostenfrei an lokal ansässige Unternehmen geben oder Gebühren erheben.