Drei Pflanzenportraits aus dem Botanischen Garten der Stadt Neuss
von Henrike Mölleken im Mai 2021
Der Mai ist gekommen
Ein kalter April liegt hinter uns und auch die erste Maiwoche ließ eher an November, denn an ein sonnig- warmes Frühjahr erinnern. Dessen ungeachtet entwickeln sich die Bäume, Sträucher und vor allem die Stauden im botanischen Garten in Neuss: Stauden sind jedes Jahr wiederkehrende Pflanzen, die in der Regel in ihrem Wurzelstock an oder unter der Erdoberfläche überwintern und im beginnenden Frühling wieder austreiben.
Zipfelblättrige Garten-Schaumblüte
Tiarella laciniata
„Pink Skyrocket“
Sie ist eine wintergrüne Staude. Diese Pflanze bildet kriechende, unterirdische Ausläufer über die sie sich innerhalb eines Beetes allmählich verbreiten kann – wenn ihr der Standort zusagt. Die Schaumblüte wächst kissenförmig und hat dekorative, grüne Blätter mit einer roten Zeichnung. An einem halbschattigen bis schattigen Standort mit durchlässigem, kalkfreiem Boden erreicht sie gewöhnlich eine Höhe von ca. 25 cm und wird ca. 30 cm breit. Die Zipfelblättrige Garten-Schaumblüte hat die wenigen aber sehr kalten Tage im Winter 2020/21 mit zweistelligen Minustemperaturen gut überstanden, so dass sie gut frostverträglich ist.
Die Kuhschelle
Pulsatilla vulgaris
Blütenökologisch handelt es sich um vorweibliche Glockenblumen, die reichlich Pollen und Nektar für Bienen und Hummeln im Angebot haben. Der Nektar ist allerdings auch für die Ameisen sehr verlockend, leider bestäuben jedoch diese Insekten nicht.
Bisher haben Sie hier Pflanzen kennen gelernt, die sich über Wurzelausläufer vermehr haben, die Kuhschelle hat andere Tricks: Die Frucht besteht aus einem sogenannten Nüsschen mit vielen einzelnen, zottig behaarten Schweifen. Diese werden bei trockenem Wetter durch Windboen herausgerissen und weit fortgetragen (Meteorochorie). Ist es nass, haften die Früchte am Fell vorbeistreifender Tiere (Epichorie).
Schließlich können sich diese Schweife autonom bewegen: Bei Trockenheit ist der Schweif rechtwinklig abgeknickt, streckt sich durch Wasseraufnahme und die Frucht dreht sich gleichzeitig ein- bis zweimal um sich selbst. Wechselt trockenes mit nassem Wetter, können sich die Früchte eigenständig um etwa 10 bis 20 Zentimeter von der Mutterpflanze fortbewegen (Herpochorie).
Großblättriges Scheinschaumkraut
Pachyfragma macrophylla
Diese bisher noch kaum bekannte Staude begrüßt Sie in einem breiten Band am Eingang der Körnerstraße. Sie stammt aus den Bergwäldern der Nordosttürkei und des Kleinen Kaukasus. Diese Halbschattenstaude ist robust, von dauerhaft bodendeckendem Wuchs und erfreut mit früher, langer Blütezeit. In milden Wintern bleibt das herzförmige Laub immergrün, Minusgrade werden dank der widerstandsfähigen unterirdischen Wurzelausläufer (Rhizome) ebenfalls gut verkraftet. Auch sehr trockene Perioden übersteht sie erstaunlich gut.
Das Scheinschaumkraut ist eine ausgesprochen pflegearme Staude. Das wintergrüne Laub kann zwar vor der Blüte zurückgeschnitten werden, um die Blüten besser zur Geltung zu bringen, erforderlich ist es für den Blütenansatz jedoch nicht.
Auch die verblühten Stängel müssen in großen, bodendeckenden Pflanzungen nicht entfernt werden, denn die Samen reifen in unseren Breiten mit zunehmend trocken-heißer Witterung im Frühjahr selten aus.